Auf Bräutigamschau

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M****b
Es war einmal ein junger Hirte, der wollte gern heiraten, kannte aber keinen Gesellen in seinem Dorfe, der seiner wohlgesonnen wäre. Darum fragte er seine Mutter, was zu tun sei, und die sprach:

»Geh in die nächste Stadt, dort wohnt dein Großonkel. Wie du weißt, schaute er sich einst ebenfalls nach schmucken Gesellen um. Nun ist er alt und erfahren und mag dir wohl einen Rat geben. Doch hab Obacht: Ihm ist der teure Gemahl verstorben und du musst gegen ihn freundlich und bedachtsam sein.«

Der Hirte tat, was seine Mutter ihm sagte, und ließ das Dorf hinter sich, um in die Stadt zu wandern. Über sonnige Pfade und nasse Stege führte ihn der Weg, und in der großen Stadt angekommen, suchte er gleich das Haus des Großonkels auf. Dort waren die Zimmer mit schwarzem Flor verhangen und stille Trauer um den verstorbenen Gemahl füllte die Stube. Mit fürsorglichen Worten spendete der Hirte dem Alten Trost, bis der sogar wieder lächelte.

»Dankbar bin ich für die Grüße deiner Mutter und für deine Anteilnahme«, sprach er, »was aber führt dich darüber hinaus zu mir? Ich sehe in deinem Gesicht Rastlosigkeit und Tatendrang, doch auch Unsicherheit und Suche. Vertrau dich mir an, Großneffe!«

Der junge Hirte erzählte nun davon, wie einsam er in seinem Dorfe lebte und sich doch so gern mit einem schmucken Gesellen vermählen wollte. »Aber wo ich wohne, schauen die anderen Jungen nur nach den Mädchen, nicht aber nach mir.«

Sein Großonkel nickte und verstand gut, denn vor Jahren war es ihm ähnlich gegangen. Er legte seine knöcherne Hand auf des Hirten Schulter und sagte, er solle den Mut nicht verlieren. »Seit einiger Zeit spazieren während der Dämmerungsstunde, morgens wie abends, drei wunderhübsche junge Herren durch die Gassen der Stadt. Niemand weiß, woher sie gekommen, doch muss es von weit her sein, denn alle drei haben ein fremdländisches Aussehen. Pechschwarzes Haar umrandet ihre dunklen Gesichter, aus denen mandelförmige goldbraune Augen hervorblitzen. Ihre perlweißen Zähne und seidenen Gewänder zeugen von edler Abstammung oder zumindest guter Erziehung. Wer weiß, vielleicht wirft dir einer von ihnen jenen liebevollen Blick zu, nach dem du dich schon so lange sehnst?«

Also trat der junge Hirte noch am selben Abend hinaus, als die Dämmerung hereinbrach, und sah die drei wunderhübschen Herren die Gasse entlang gehen. Sein Großonkel hatte nicht gelogen: tatsächlich gefielen dem Hirten alle drei aufs Beste. Er nickte und lächelte ihnen zu, doch wurde sein Gruß nicht mit einem, auch nicht mit zwei, sondern gleich mit drei liebevollen Blicken erwidert. Ja, alle drei Fremden schienen Gefallen an dem Hirten zu finden, was jenem zwar schmeichelte, aber seine Ratlosigkeit steigerte.

»Großonkel, ich brauche deinen Rat«, sprach er, als er am folgenden Morgen mit dem Alten speiste, »alle drei werfen mir liebevolle Blicke zu und ich weiß nicht, welcher von ihnen ein geeigneter Bräutigam für mich ist. Was kann ich tun?«

Der Großonkel dachte kurz nach, zupfte mit der knöchernen Hand an seinem weißen Bart und erwiderte dann:
»Hinter meinem Haus steht im Hof ein kaputter Handwagen. Lade jeden der drei Herren für einen Abend zu uns ein und hab acht, wie sie mit ihm umgehen.«
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M****b
Das tat der junge Hirte. Er schrieb mit Federkiel und Tinte fein säuberliche Einladungskarten, wie man es in der Stadt tut, und überreichte sie am nächsten Morgen den drei fremden Herren, als sie erneut im Dämmerungslicht durch die Gassen spazierten. Sie verbeugten sich freundlich vor dem Hirten und nahmen dankend an.

»An drei aufeinander folgenden Abenden wird jeweils einer von uns zu dir kommen und dir bei Kerzenlicht und Mondschein Gesellschaft leisten«, sagten sie. Frohen Mutes lief der Hirte zum Haus seines Großonkels, kämmte sein Haar, putzte sich und tat seinen besten Rock an.

Als der erste kam, tranken sie roten Wein zusammen, gingen unter Sternen Seite an Seite im Hof herum und flüsterten einander schüchtern innige Worte zu. Beinahe wäre der fremde Herr wegen des fahlen Kerzenscheins über den alten Handwagen gefallen. Da fluchte er:
»Dieses vermaledeite Ding sollte man fortwerfen. Es ist kaputt und zu nichts mehr nütze!«

Und er stieß mit dem Fuß gegen den Handwagen, dass er umkippte. Am folgenden Tag erzählte der Hirte seinem Großonkel davon, der sich wieder nachdenklich am Bart zupfte und sprach:
»Lass uns sehen, wie der zweite sich verhält.«

Der zweite kam und sie tranken weißen Wein zusammen, gingen unter dem Mond Hand in Hand im Hof herum und tauschten zögerlich leise Küsse aus. Beinahe wäre der fremde Herr wegen des fahlen Kerzenlichts über den alten Handwagen gefallen. Da sagte er:
»Dieses Ding ist schmutzig und alt. Lass mich es anmalen und mit Blumen schmücken, damit es dem Auge eine Zierde ist!«

Und er strich das Holz mit roter, grüner und gelber Farbe, stellte Blumenkästen hinein und freute sich über den neuen Hofschmuck. Am folgenden Tag erzählte der Hirte seinem Großonkel davon. Der zupfte sich abermals nachdenklich am Bart und sprach:
»Lass uns sehen, wie der dritte sich verhält.«

Der dritte kam und sie tranken schillernden Wein zusammen, gingen unter dem Mond Arm in Arm im Hof herum und erforschten einander scheu und doch zutraulich. Beinahe wäre der fremde Herr wegen der schwachen Kerzenflamme über den alten Handwagen gefallen. Da sagte er:
»Dieses Ding ist alt, aber noch nicht untauglich. Lass uns versuchen, es instandzusetzen. Ich werde werkeln und du reichst mir die Geräte zu!«

Und er hämmerte das Holz, richtete die Räder und brachte einen neuen Griff an. Am folgenden Tag erzählte der Hirte seinem Großonkel davon. Der zupfte sich nicht mehr am Bart und riet stattdessen:
»Den nimm zum Bräutigam und zieh mit ihm in dein Dorf, denn seines ist rechtes Verhalten.«
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M****b
Der junge Hirte wartete am Abend darauf in der Dämmerung auf die drei Herren, und als sie kamen, nahm er die Hand des dritten in die seine und schaute ihm tief in die mandelförmigen goldbraunen Augen. Mit belegter Stimme frug er:
»Möchtest du mein Bräutigam sein?«

Der dritte Herr erwiderte den Blick liebevoll, drückte die Hand des Hirten und führte sie an seine Brust.
»Liebend gern will ich dein Bräutigam sein«, sprach er, »doch kann ich nur in der Nacht, von Dämmerung zu Dämmerung, an deiner Seite sein. Willst du das billigen und kannst du damit leben, so sind wir fortan Gefährten.«

Der junge Hirte dachte nicht lange nach und bejahte. Da umarmten sich die beiden inniglich und die zwei anderen fremden Herren boten ihnen die Hand zu ihrem Glückwunsch. An Ort und Stelle gaben Hirte und Bräutigam ihre Versprechen ab und eilten ins Haus des Großonkels, der ihnen nur zu gern seine Schlafkammer überließ. Und während die zwei Frischgetrauten einander hingaben, trank der Großonkel mit den anderen zwei fremden Herren lachend vom roten, weißen und schillernden Wein. Ein ums andere Mal stießen sie auf das Wohl der Verliebten an, und wie der Wein ihnen zu Kopfe stieg und das Blut rauschen ließ, wurden sie naseweis und vorwitzig.

»Ich will mein Ohr an die Stubentür legen und horchen, wie das junge Glück tönt«, sprach der erste Fremde und schlich zur Kammer. Er lauschte und brauchte sich dabei nicht anzustrengen, denn die Laute drangen ohne Schwierigkeiten durch jede Ritze.

»Es ist ein eitel Genuss, den beiden zuzuhören«, berichtete der Fremde den anderen. »Der junge Hirte schnurrt wie ein Kätzchen. Sein Bräutigam streichelt ihm gewiss den Rücken auf und ab, und seine Finger spielen im Nackenhaar. Seine Zunge gleitet womöglich über die kleinen Zehen, lutscht an den großen und wandert dann feucht und fidel die Waden entlang zur Kniekehle, wo sie mithilfe der Lippen nasse Küsse hinterlässt. Weiter geht die Wanderschaft über die nackten Schenkel bis an jene Stelle, an der die Beine aufeinandertreffen und eine Liebkosung gar wundervolle Gefühle entzünden kann! Und wenn gerade dort noch die Hände zu Hilfe genommen werden, welche die gewölbten Backen tätscheln und im Wechsel drücken und auseinanderziehen, würde auch ich maunzen wie ein rolliger Kater, das glaubt mir! Doch was ist das? Zum Schnurren gesellt sich ein tiefes Grollen. Nicht böse klingt es, vielmehr wie ein röhrender Hirsch, der sein Revier erobert. Das mag der Bräutigam sein, der nun seinen Wedel in den Hirten eindringen lässt, um ihn zu beschlagen, wie es sich gehört. Über das Röhren und Schnurren hinaus erlausche ich auch das Quietschen und Klopfen von Holz. Das Bett mag dem unruhigen Hüpfen und Springen der beiden wohl kaum standhalten!«

Da sprach der zweite Fremde:
»Wohl kannst du dein Ohr an die Tür legen und lauschen. Ich aber will mein Näschen benutzen, um herauszufinden, was dort drinnen geschieht.«
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M****b
Er ging an die Kammertür, legte sich nieder und hielt die Nase an den Schlitz zwischen Tür und Fußdiele. Den schweren Geruch, der aus der Kammer entwich, sog er tief ein.

»Ja, das ist unverkennbar der Duft von frischem Schweiß, wie er jungen Männern von der Stirne tropft, wenn sie angestrengt einer schweren Arbeit nachgehen. Nur duftet dieser Schweiß so süß, dass es eine schöne Arbeit sein muss und die Anstrengung wohl Freude bereitet. Doch nicht nur von der Stirn tropft's, auch tief unten bildet sich so mancher Geruch, der jeden Mann verlocken muss. Herb und schwer steigt er aus den Lenden herauf in die Nase und verzückt mit seinem Zauber. Nach Lebenskraft und Ausdauer, nach Stärke und männlichem Willen riecht es. Hinzu kommt noch der Speichel mit seinem ganz eigenen Dunst, der wohl dem Bräutigam mit jedem gierigen Stoß in den Hirten vom Mundwinkel läuft. Ungehemmt fließen die Leibesgewässer, da unser Freund sehr darauf bedacht ist, die Tiefe und Enge seines Angetrauten aufs Genaueste kennenzulernen. Wer hätte da Zeit und Muße, sich beständig abzutrocknen?«

Endlich erhob sich auch der Alte vom Tisch und entschied, nun sein Auge über das Geschehen wachen zu lassen. Er beugte sich zum Schlüsselloch der Kammer und blickte hindurch.

»Offenbar gibt sich mein Großneffe mit Leib und Seele der Liebe seines Bräutigams hin, denn er ist völlig von ihm bedeckt«, berichtete er, »ich erhasche lediglich seine nackten, weißen Füße und sehe hier und da etwas von seinen Armen durchschimmern. Euer Freund aber verhüllt den Rest mit seinen starken Beinen, seinen wohlgerundeten Hinterbacken und dem breiten Rücken. Welch herrlicher Rücken das ist, über und über mit glitzernden Schweißtropfen bedeckt. Der Hintern bewegt sich zügig vor und zurück, um den wogenden Takt aufrecht zu erhalten, der zu einer solchen Hochzeitsnacht gehört, und seine Backen wackeln lustig. Und doch ist die Geschwindigkeit gemächlich genug, wie es scheint, dass beide die Empfindungen auskosten können, welche derartige Bewegungen mit sich bringen – sowohl die zarten als auch die harten. An den Schenkeln und Armes eures Freundes aber sehe ich ebenso pechschwarze Härchen, wie sie euch in Unmengen am Haupte sprießen. Schon jetzt weiß ich, dass mein Großneffe von diesen Gliedern eng umschlungen sein wird, sodass er in friedlichen, glücklichen Schlummer entweichen kann.«

Der Alte hatte recht. Nicht mehr lange dauerte es, bis Hirte und Bräutigam ihr Glück am ganzen Leibe spürten und hinaus rufen mussten. Da waren auch Ohr, Nase und Auge ihrer heimlichen Zuschauer gestillt und alles ging zur Ruhe. Am Morgen aber erwachte der Hirte erst, nachdem die Sonne aufgegangen war, und fand die linke Seite seines Bettes leer. Er erinnerte sich der Worte seines Bräutigams, und obwohl er dankbar war für die aufregenden Nächte, die noch folgen sollten, war er doch betrübt darüber, sein Tagewerk genauso einsam zu versehen wie ehedem.
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M****b
Als die Dämmerung eintrat, kehrte auch der Bräutigam zurück. Der junge Hirte begehrte zu wissen, was der Grund für sein Fortbleiben tagsüber sei, aber sein Bräutigam sah ihn nur traurig an und meinte:
»Ich wurde verflucht und kann nur nächtens bei dir weilen. Mehr darf ich nicht verraten. Lass uns also die Zeit genießen und komm zu Bette, denn was ich dir gestern Nacht tat, sollst du mir heute tun.«

Darauf freute sich der Hirte sehr, wenngleich er den Bräutigam zunächst voraus schickte.
»Geh in die Kammer und lege deine Kleider ab, ich folge bald!«

Vorher ging er zu seinem Großonkel und fragte ihn neuerlich um Rat.
»Wie kann ich ihm sein Geheimnis entlocken, wenn er nichts verraten darf?«

Der Alte zwinkerte und antwortete:
»Verwöhne ihn heute, wie er dich gestern verwöhnte, doch bleibe selbst dabei kühl im Kopfe. Stellst du die richtige Frage im richtigen Augenblick, wird seine Wollust ihm die Sinne benebeln und er kann nicht anders, als alles zu beantworten.«

Der junge Hirte nahm sich die Worte zu Herzen, und als er in der Schlafkammer seinen Bräutigam sah, nackt und in voller Schönheit, wusste er, dass es sehr schwer werden würde, einen kühlen Kopf zu bewahren. Sie schenkten einander einen tiefen Kuss, sanken dabei auf das Bett und umschlangen sich mit Armen und Beinen, als wollten sie auf ewig eins sein. Diesmal waren es die Lippen des Hirten, die über den Leib des anderen wanderten, und diesmal ging es nicht von unten herauf, sondern begann am Hals. Die Zunge leckte sanft darüber, die Lippen scherzten gar und deuteten einen zärtlichen Biss in den Adamsapfel an, bevor sie tiefer hinabrutschten und sich auf der starken Brust zwischen all den schwarzen Härchen austobten. Die Finger strichen über den Bauch des Bräutigams, statteten dem Nabel einen lieben Besuch ab und wühlten hernach in den dichten Locken, die des Körpers Mitte schmückten. Da schnurrte sein Angetrauter wie ein zahmer Löwe, schloss die Augen und harrte der Wohltat, die ihm widerfahren sollte.

Wie er nun das schwere Geschlecht des Bräutigams zwischen die Hände nahm und an sein Gesicht führte, wusste der Hirte, dass er nicht nur besonders hingebungsvoll sein musste, sondern auch seine Fragen klug stellen musste, um den anderen aus seiner Sinnlichkeit nicht zu wecken. Er zog an dem dunklen Gemächt und murmelte leise:
»Tut dir das gut?«

»Oh ja!« erwiderte der Bräutigam.

»Magst du es, wie meine Zunge mit der Haut spielt, die jetzt noch die Spitze deines Mannesteils umhüllt?«

»Sehr sogar!«

»Ich sauge und lutsche langsam daran. Sag mir, ob ich es richtig mache!«

»Alles, was du tust, ist richtig, Geliebter!«

»Ich koste deine Spitze, die vor mir steht, so wie wir gemeinsam jede Nacht aufs Neue kosten werden!«

»Meine Spitze spürt dein Kosten! Jede Nacht sollst du sie verwöhnen, Geliebter.«

»Und jeden Tag wird unser Sehnen uns antreiben, die kommende Nacht noch mehr auszukosten.«

»Das wird so sein.«
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M****b
So ging es hin und her und das Gemächt des Bräutigams war bereits nass vom Speichel des Hirten. Tiefer und tiefer ließ er das dicke Geschlecht in seinen Rachen gleiten und sein Angetrauter zitterte mehr und mehr dabei. Aber jedesmal, wenn er es aus seinem Munde entließ, um neue Luft zu schöpfen, führte er das innige Gespräch fort, um näher an das Geheimnis zu kommen.

»An jedem Tag, wenn ich das Vieh heraustreibe, werde ich dran denken, wie du dich in mich hinein treibst. Und was wirst du am Tage denken?«

»An jedem Tag, wenn ich auf dem Feld stehe, werde ich dran denken, wie unsere Gemächter nachts im Bette aufrecht stehen.«

»An jedem Tag bin ich nur ein armer Hirte in Lumpen, aber nachts werde ich zum Liebesdiener eines Prinzen im Königreich der Wollust. Und du?«

»An jedem Tag stehe ich als Lilie verwandelt auf dem Felde, aber nachts werde ich dein Beschützer und dein Geselle sein im Königreich der Liebe.«

Nun wusste der Hirte, was es mit dem Bräutigam auf sich hatte. Am Tage war er eine Lilie, die auf einem Felde stehen musste, und nur nachts durften er und seine Freunde in menschlicher Gestalt durch die Gassen spazieren. Der Hirte ließ sich durch den Fluch, der auf seinem Angetrauten lastete, nicht betrüben. Er musste herausfinden, wie die Verwünschung zu brechen sei. Dafür hob er nun das Becken seines Bräutigams an, küsste die Weichteile, dass der andere nur noch verzückt seufzen konnte, und legte seine Lippen in die Mitte, direkt zwischen die beiden Hinterbacken, wo der Schweiß am stärksten strömte und am herbsten duftete.

»Hier will ich meine Zunge tanzen lassen«, flüsterte er.

»Lass sie tanzen, bis meine Rosenpforte zuckt«, hauchte sein Bräutigam zurück.

»Und wenn deine Rosenpforte zuckt, lässt sie mich hinein?«

»Du sollst hinein und hinaus und hinein und hinaus, denn so erklimmen wir den Gipfel der Freude!«

»Und wenn deine Rosenpforte sich weitet, was werde ich hineinschieben?«

»Nimm deine Finger, erst einen, dann zwei.«

»Und wenn zwei Finger nicht reichen, wie erlöse ich dich von der Gier nach mehr?«

»Steck deinen Hirtenstab in mich und stoße, so erlöst du mich von der Gier nach mehr!«

»So erlöse ich die Gier der Rosenpforte, die sich vor mir auftut. Doch wie erlöst man wohl Lilien auf dem Felde?«

»Rosen zwischen Schenkeln erlöst man mit einem Stoß. Lilien auf dem Felde erlöst man nur, indem man die richtige pflückt.«

»So stoß ich zwischen deine Schenkel, die gierig mich umschlingen. Viele Stöße gönne ich dir, mein Bräutigam, ich kann meinen Hirtenstab in dich stecken, so oft wir wollen. Doch wie oft darf man nach der richtigen Lilie suchen?«

»Ach, stießest du ewig in meine Rosenpforte, es schadete mir nicht und ich will's gern leiden. Die Lilie aber darf man nur einmal suchen. Pflückt man die falsche, verschließt sich die Erlösung für immer.«
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Der Hirtenjunge verstand die gestöhnten Worte, und während er tüchtig stieß, damit sein Bräutigam erfüllt sei, fürchtete er sich davor, bei den Lilien zu stehen und die falsche zu wählen. Die Furcht wuchs an, ward mächtiger in ihm als seine Wollust, und während sein Bräutigam im schieren Freudentaumel zu schweben schien, fiel sein Hirtenstab in sich zusammen und hing traurig zu Boden. Er legte die Arme um seinen Angetrauten, der bald friedlich und glücklich einschlief, und starrte noch lange ratlos in das Dunkel der Nacht.

Auch am folgenden Morgen war der Bräutigam verschwunden und der Hirte erwachte allein im Bett. Er suchte gleich seinen Großonkel auf, um ihn um Rat zu fragen, doch wusste der diesmal keinen. Da ließ der Hirte den Kopf hängen und sein Großonkel ebenso.

Dennoch suchten sie am Stadtrand die drei Lilien auf dem Feld, fanden sie und sahen, dass sie ohne jeglichen Unterschied waren. Sie glichen einander wie ein Ei dem anderen und niemand konnte ausmachen, welche von den dreien der Bräutigam sein sollte.

Betrübt gelangten sie am Hause des Großonkels an, wo sie die Mutter des Hirten erwartete. Sie war ihrem Sohne nachgereist, weil er schon so lange ausgeblieben war, und wie sie die Geschichte hörte, lachte sie auf und rief:
»Ihr Lieben, wie leicht ist dieses Rätsel zu lösen. Dein Bräutigam verbringt die Nacht bei dir, mein Sohn, während seine Freunde durch die Gassen spazieren? Da sollte es ein Leichtes sein, die richtige Lilie zu erkennen. Du musst nur rechtzeitig vor Sonnenaufgang am Feldrand stehen.«

Sie nahm ihren Sohn bei der Hand und erklärte ihm, was er zu tun habe. Da hellte sich sein Gesicht auf und neue Hoffnung glimmte in seinem Herzen. Abends trat sein Bräutigam ins Haus, machte sich mit seiner Schwiegermutter bekannt und legte sich hernach zu seinem Angetrauten ins Bett. In seiner Vorfreude, den Bräutigam bald erlösen zu können, reckte sich der Stab des Hirten fester und fordernder als jemals zuvor in die Höhe und schaffte es in jener dritten Hochzeitsnacht, dass beide einander gleich mehrmals abwechselnd beglücken konnte.

Am Morgen aber, nachdem der Bräutigam verschwunden war, rannte der junge Hirte auf flinken Beinen zum Felde neben der Stadt. Er fand die drei Lilien, erkannte die richtige und pflückte sie. Da verwandelte sich die Blume in den Bräutigam und sein pechschwarzes Haar glänzte in der Morgensonne, seine perlweißen Zähne strahlten vor Lachen und in seinen goldbraunen Augen waren Tränen der Rührung, da sein Hirte ihn erlöst hatte. Er nahm ihn in seine Arme und wirbelte ihn dreimal herum, derart ausgelassen war er vor Freude und Jubel. Dann hielten sie einander bei der Hand und der Hirte brachte seinen Bräutigam ins Dorf, wo sie fortan friedlich und glücklich Tag und Nacht miteinander verbrachten.

Nun bleibt aber die Frage offen, wie der Hirte seinen Bräutigam erkannt hatte, wo die Lilien doch ganz gleich waren? Die Antwort lautet: Dieweil der Bräutigam die Nächte im warmen Haus verbrachte und nicht mehr auf Gasse und Feld, war die Lilie des Morgens warm und frei von Tau. Das machte sie anders als die anderen zwei und dabei erkannte sie der Hirte.

Die zwei anderen Fremden aber stehen noch heute als Lilien auf dem Feld am Stadtrand und warten darauf, dass du einen von ihnen wählst. Lockt dich also die nächtliche Gesellschaft eines Herren, der ordentlich zu fluchen versteht, oder die Anmut eines Mannes, der das zierliche Schmücken beherrscht, kannst du ihn nun erlösen.

ENDE

aus: Vierzig schwüle Nächte 5 (von Xaver Ludwig Cocker)
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T*********m
das ist sehr schön geschrieben. Danke
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W*******b
Eine wunderschöne Geschichte. Danke dafür.
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